Digitale Systemrisiken
Auf einen Blick
Die Digitalisierung verändert Gesellschaften auf vielschichtige Art und Weise. Dafür benötigt es neue “digitale Rechte”. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gilt als enger Bezugspunkt, um sicherzustellen, dass Menschen weltweit online kommunizieren können, ihre Meinung äußern und an Bildung, Wissen, Gesundheit und Handel teilhaben können. Von der Digitalisierung besonders stark berührt werden die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, Datenschutz und Privatsphäre, das Recht auf Bildung und Mehrsprachigkeit, sowie der Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Daneben verlangt die Digitalisierung aber auch nach der Definition neuer Rechte, etwa in Bezug auf einen Zugang zum Internet.
Das BMZ achtet darauf, keine Einrichtungen zur Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern in autoritären Regimen zu fördern. Dies ist auch auf EU-Ebene geregelt: Eine entsprechende Verordnung legt strenge Regeln fest, um die „Exportkontrolle von Dual-Use-Gütern (Güter mit doppeltem Verwendungszweck) zu gewährleisten. Die strengen europäischen Datenschutz-Regeln gelten auch für alle Durchführungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Vor allem digitale Projekte richten sich nach dem “Do-no–harm”-Prinzip. Alle Technologien sind einer Technologiefolgenabschätzung zu unterziehen, die einen Missbrauch so gut wie möglich ausschließt.
Maßnahmen, die das Recht auf Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Privatsphäre verletzen, werden nicht in Kauf genommen. Eine menschenrechtliche Prüfung dient der frühzeitigen Identifizierung menschenrechtlicher Risiken, u.a. im Kontext von Projekten im Digitalisierungsbereich.
Politische Ziele für Menschenrechte im digitalen Raum
Die Bundesregierung hat sich in ihrer Digitalen Agenda dazu verpflichtet, den Menschenrechtsschutz im digitalen Raum zu stärken. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit wurde der Aufbau von Kapazitäten in den Bereichen transparente und effiziente Regierungsführung, Cyber-Sicherheit sowie eine Querschnittsverankerung der Digitalisierung als Prioritäten herausgestellt. Das BMZ benennt den Schutz digitaler Rechte in seiner Digitalen Agenda als eines von fünf strategischen Zielen. Menschenrechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit sollen im Netz gestärkt werden und Datenschutz sowie ein diskriminierungsfreier Internetzugang für alle sollen gefördert werden. Digitale Kompetenzen, gerade von benachteiligten Gruppen, sollen ausgebaut werden.
Mit dem Menschenrechtskonzept von 2011 orientiert das BMZ die deutsche Entwicklungspolitik systematisch an Menschenrechten und unterstützt Partnerländer, ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen umzusetzen. Der im Februar 2013 in Kraft getretene Leitfaden zur Berücksichtigung menschenrechtlicher Standards und Prinzipien bei der Erstellung von Programmvorschlägen der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit konkretisiert diese Vorgaben und verlangt die Prüfung menschenrechtlicher Wirkungen und Risiken im Vorfeld.
Schutz für Menschenrechtsverteidiger und -verteidigerinnen
Aus unserer Sicht sind Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, Medienschaffende und Oppositionelle in vielen Partnerländern aufgrund der wachsenden Bedeutung des Internets zunehmend von Online-Zensur und Überwachung betroffen. Immer mehr Länder führen restriktive Cybergesetze ein. Die Repression aufgrund von Online-Aktivitäten hat nach Erkenntnissen der Bundesregierung in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Internetabschaltungen und andere Zugangsbeschränkungen werden immer häufiger eingesetzt, um politische Proteste und Meinungsvielfalt, z.B. im Kontext von Wahlen, zu behindern.
Die Bundesregierung schätzt den mangelnden Schutz von Privatsphäre und persönlichen Daten als zusätzliches Risiko ein. Auch Datenmissbrauch und intransparente bzw. diskriminierende Regulierung von Online-Content seitens der Plattformbetreiber schränken aus unserer Sicht das Recht auf Meinungsfreiheit, Privatsphäre und den zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum im Netz ein.
Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger sind wichtige Partner der deutschen Entwicklungspolitik. Die Digital-Strategie des BMZ „Digitalisierung für Entwicklung“ (2019) benennt den Schutz der Menschenrechte im Internet als ein Hauptziel der Maßnahmen.