Digitale Felder, neue Wege: Smarter Kreditzugang für Landwirte in Kenia

© Fortune Sacco
Für viele kenianische Kleinbäuerinnen und -bauern ist der Zugang zu Krediten nicht nur eine Hürde, sondern ein entscheidender Faktor. Kein Geld bedeutet kein Saatgut, kein Viehfutter und keine Möglichkeit, die wachsenden Risiken des Klimawandels zu bewältigen. Traditionelle Banken zögern oft, Kredite zu vergeben, da sie die Landwirte als zu riskant und zu informell ansehen. Ein neues Tool, das auf künstlicher Intelligenz basiert, ändert nun das Blatt.

Das von dem kenianischen Technologieunternehmen Pathways Technologies LTD entwickelte und von der Europäischen Union und der deutschen Regierung im Rahmen der Data Governance in Africa Initiative unterstützte „Farmers Credit Scoring Model“ verspricht schnellere, gerechtere und intelligentere Kreditentscheidungen.

 

Die Kreditlücke schließen

Kleinbäuerinnen und -bauern machen fast 80% der landwirtschaftlichen Erträge und 70% der Nahrungsmittelproduktion Kenias aus. Trotz dieser wichtigen Rolle haben weniger als 18% von ihnen Zugang zu Krediten. Traditionelle Banken lehnen Kreditanfragen oftmals ab, da viele Bäuerinnen und Bauern keine konventionelle Kredithistorie vorweisen und somit aus Sicht der Bank keine ausreichenden Sicherheiten bieten können. Und die Risiken in der Landwirtschaft sind groß: Vor allem Ernteausfälle durch Überschwemmungen oder Dürren haben den letzten Jahren zugenommen und machen dem Sektor zu schaffen.

In Konsequenz werden die Farmer mehr und mehr von den Banken ausgeschlossen und können ihren Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren. Wir sind schon länger an dem Thema dran und froh, mit der GIZ einen Partner gefunden haben, der an die Idee glaubt.

Joel Onditi, CEO von Pathways Technologies LTD

Das IT-Unternehmen sitzt in Kenia und hat das Modell entwickelt. Die GIZ hat das Modell durch die Data Economy Initiative im Rahmen der Team Europe Action „Data Governance in Africa“ und durch das Digitalzentrum Kenia unterstützt.

© Jane Moshi
Was macht das Modell anders?

Im Gegensatz zu herkömmlichen Kreditmodellen, die in erster Linie Finanzdaten und Kredithistorien heranziehen, greift dieses KI-Modell auf alternative Daten zurück: Ernteerträge, Marktverkäufe und Zahlungsverhalten, die das tatsächliche Potenzial eines Landwirts widerspiegeln. „Wir sind alles selbst Bauern und wissen das natürlich“, sagt Henry Wachira Nyaga, Leiter der Kreditabteilung bei Fortune Sacco. Fortune Sacco nutzt daher schon seit geraumer Zeit alternative Datenquellen für die Kreditvergabe. Darunter etwa Ernteerträge, Absatzahlen oder Zahlungsverzögerungen. Diese wurde bisweilen manuell erhoben und verwaltet.

Pathways Technologies LTD hat sie nun vollständig digitalisiert und eine KI entwickelt, die den gesamten Prozess künftig ablösen soll: „Die Daten waren schon da, es uns hat ca. 4 Monate gekostet, bis wir das Modell einsatzbereit hatten“, so Joel.

© Pathways Technologies LTD

Entscheidend waren dabei auch die Datensätze von KALRO, die „Kenya Agricultural and Livestock Research Organization“. Die Behörde besitzt Datensätze von 6 Millionen Farmer*innen in Kenia, die sie zur Verfügung gestellt haben.

Wir müssen nun nicht mehr selbst rechnen, sondern können die Daten einfach in das Tool einspeisen und darauf vertrauen, dass es uns sagt, ob wir einen Kredit vergeben können und in welcher Höhe.

Henry Wachira Nyaga, Leiter der Kreditabteilung bei Fortune Sacco

Je mehr Daten, desto genauer die KI

Die Hauptarbeit ist gemacht, nämlich das Aufsetzen des Modells“, schildert Joel. Dieses Modell kann nun auch anderen Kooperativen zur Verfügung gestellt werden und basierend auf deren Datensätzen geschult werden. Prognosen zufolge könnten mehr als 20.000 kenianische Kleinbäuerinnen und -bauern von besserem und schnellerem Zugang zu Finanzdienstleistungen profitieren.

© Pathways Technologies LTD

Perspektivisch könnte es auch auf weitere afrikanische Länder ausgeweitet werden, die ihre Landwirte mit technologischen Finanzlösungen stärken möchten. Diesen Schritt prüft die GIZ über die Data Governance in Africa Initiative aktuell – insbesondere in den Nachbarländern Tansania und Ruanda besteht Bedarf und Interesse.

Für Tausende von afrikanischen Landwirten könnte ein digitales Tool, das im ländlichen Kenia entwickelt wurde, schon bald den Unterschied zwischen Subsistenz und Nachhaltigkeit bedeuten – und zwischen übersehen werden und gesehen werden.