Gemeinschaftlich gewinnen: Mit Open Source-KI zu Wachstum und Wirkung
Von Kenia bis Indien nutzen Unternehmer*innen künstliche Intelligenz, zum Beispiel, um landwirtschaftliche Beratung anzubieten, Frauen bei der Einforderung ihrer Rechte zu stärken und öffentliche Dienste zu verbessern. Dabei machen sie die verwendeten Daten und Modelle offen für alle verfügbar. Wie können diese Unternehmen lokale Innovationen vorantreiben, gesellschaftlichen Nutzen schaffen und trotzdem wirtschaftlich tragfähig bleiben? Ein Mentoring-Programm von Villgro Africa und „FAIR Forward – Künstliche Intelligenz für alle” unterstützt sie dabei, nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwerfen und ein globales Netzwerk von Open Source-KI-Innovator*innen aufzubauen.
Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt sich rasant weiter. Dabei profitieren Unternehmen und Organisationen von Open Source-KI, um Dienste zu entwickeln, die konkrete gesellschaftliche Probleme lösen: Landwirt*innen in Kenia erhalten Beratung zu klimaresistenten Anbaumethoden, während sich Frauen in der Demokratischen Republik Kongo über ihre Landbesitzrechte informieren können. Indem sie offene KI-Daten, Modelle und Anwendungen nutzen, entwickeln und weitergeben, zeigen diese Innovator*innen, dass KI gemeinschaftlich gestaltet werden kann. Doch wie lassen sich soziale Wirkung und wirtschaftliche Stabilität in Einklang bringen?
Ein Beispiel ist das in Nairobi, Kenia ansässige Local Development Research Institute (LDRI). Leonida Mutuku, Leiterin für KI-Entwicklung, erklärt, dass offene Sprachdaten verwendet werden, damit Landwirt*innen ihre Tools in Kiswahili und anderen lokalen Sprachen nutzen können. Ihr Frühwarnsystem bietet Kleinbäuerinnen und -bauern Ratschläge zu klimaresistenten Anbaupraktiken.
© LDRI
Ein Teil unserer Arbeit, wie Erntebilder, Ertragsdaten oder ein Basis-KI-Modell zur Identifizierung von Nutzpflanzen, geben wir als Open Source-Ressourcen zurück, damit die Gemeinschaft sie für lokale Innovationen nutzen kann.
Leonida Mutuku, Leiterin für KI-Entwicklung, Local Development Research Institute (LDRI)
Tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln
Die Verbindung von Open Source-Prinzipien mit finanzieller Stabilität ist eine Herausforderung, die LDRI mit vielen anderen Organisationen teilt. Um diese Unternehmen zu fördern, starteten Villgro Africa und FAIR Forward – Künstliche Intelligenz für Alle ein sechsmonatiges Mentoring-Programm, an dem LDRI zusammen mit sieben weiteren Unternehmen teilnahm. Sie erhielten gezielte Unterstützung durch:
- Individuelles Mentoring, um die Markttauglichkeit ihrer Dienste und Produkte sowie Strategien zur Umsatzgenerierung zu verbessern
- Peer-Learning-Workshops zu Themen wie Open Source Geschäftsmodelle, rechtliche Compliance-Aspekte oder Marketing
Am Ende des Programms stand für alle Organisationen ein gestärktes, nachhaltigeres Geschäftsmodell als Ausgangspunkt für einen finanziell tragfähigen Betrieb mit Open Source-KI-Elementen.
Auch Wadhwani AI profitierte von dem Programm. Um Baumwollbäuerinnen und -bauern in Indien beim Umgang mit Schädlingen zu unterstützen, entwickelten sie die App CottonAce. Mithilfe von Bilderkennung identifiziert sie bestimmte Baumwollschädlinge und liefert sofort wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen – ein Prozess, der zuvor Tage dauerte. Durch das Mentoring-Programm konnte das Team von J.P. die App Tausenden von Baumwollbäuerinnen und -bauern in ganz Indien zugänglich machen und half ihnen so, ihre Lebensgrundlage zu sichern.
© Wadhwani-AI
Das Festlegen von Geschäftskennzahlen und die Zusammenarbeit mit unseren Mentor*innen gaben uns ein klareres Bild davon, wie sich unsere Arbeit entlang der Baumwollwertschöpfungskette auswirkt und halfen uns, unsere Strategie zu schärfen.
J.P. Tripathi, Direktor für Landwirtschaftsprogramme, Wadhwani AI
Ein wachsendes Netzwerk von Open Source-KI-Unternehmer*innen
Das Mentoring-Programm brachte ein lebendiges Netzwerk von Open Source-KI-Innovator*innen in Afrika und Asien zusammen. Neben LDRI und Wadhwani AI gehören dazu:
- Core23Lab (Demokratische Republik Kongo): In einem Umfeld, in dem Land überwiegend von Männern kontrolliert wird, klärt die sprachgesteuerte Mobil-App „Haki des femmes“ Frauen in Kiswahili über Landbesitzrechte auf und fördert so gesellschaftlichen Wandel hinsichtlich der Rolle und Rechten von Frauen im Landbesitz.
- Digital Umuganda (Ruanda): Als einer der wichtigsten Unterstützer des Kinyarwanda-Datensatzes auf Mozilla Common Voice bieten sie Sprachtechnologie-Infrastruktur für den Aufbau inklusiver, KI-gestützter Dienste und stellen Datenerfassungsdienste und Modelle für Spracherkennung, Sprachsynthese und maschinelle Übersetzung bereit.
- Gram Vaani (Indien): Sprachbasierte Anwendungen in lokalen Sprachen bieten Landwirt*innen und Gemeinden Beratungsdienste zum Beschwerdemanagement in der öffentlichen Verwaltung und Informationen über private Anbaugärten.
- M-Omulimisa (Uganda): Eine lokalisierte Version von Croppie AI, einer KI-gestützten Anwendung, die Landwirt*innen im Kaffeeanbau Ertragsprognosen auf Basis der Pflanzengesundheit und Anzahl an Kaffeekirschen liefert.
- Tech Innovators Network (THiNK) (Kenia): KI-gestützte Chatbots, die auf Open Source-Sprachdatensätzen und Chatbot-Frameworks basieren, unterstützen öffentliche Einrichtungen, wie das Büro des Datenschutzbeauftragten, in Kiswahili.
Die Arbeit von Core23Labs, THiNK und Digital Umuganda wurde von Mozilla Common Voice unterstützt, finanziert von der Gates Foundation, um Datensätze und KI-gestützte Tools in Kiswahili und seinen regionalen Dialekten zu erstellen. Bei der Erarbeitung tragfähiger Geschäftsmodell wurden sie von FAIR Forward gefördert.
Open Source-KI als Basis gemeinschaftlicher Innovation
Der besondere Wert von Open Source-KI liegt in den geteilten Ressourcen, die wiederverwendet und gemeinsam weiterentwickelt werden können. Diese Offenheit schafft Vertrauen, verringert Risiken in KI-Systemen durch vereinfachte Kontrollmöglichkeiten und erleichtert den Markteintrifft für neue Unternehmer*innen. So können Geschäftsmodelle entstehen, die Einnahmen generieren und zugleich der Open Source-Community etwas zurückgeben.
Dennoch bleiben Herausforderungen bestehen: Der begrenzte Zugang zu Rechenressourcen und Schulungen in KI und Datenwissenschaft in vielen Ländern des Globalen Südens schränkt die gleichberechtigte Teilhabe ein. Darüber hinaus muss der Open Source-Zugang zu KI-Systemen und die gerechte Nutzung ihrer Vorteile sorgfältig abgewogen werden, um eine Ausnutzung der Open Source-Mitwirkenden zu vermeiden.
Nichtsdestotrotz bauen Organisationen wie LDRI ihre Dienste weiterhin gemeinsam mit lokalen Gemeinschaften auf.
© LDRI
Unsere vertrauensvolle Beziehung zu den Landwirt*innen und deren Nutzen liegen uns sehr am Herzen. Deshalb überlegen wir sorgfältig, wie wir Premium-Dienstleistungen anbieten können, um Einnahmen zu erzielen und gleichzeitig unsere Basisdienste kostenfrei zugänglich zu halten. Alles, was wir tun, gestalten wir gemeinsam mit ihnen als unseren Partnern. Das ist für uns verantwortungsvolle KI.
Leonida Mutuku, Leiterin für KI-Entwicklung, Local Development Research Institute (LDRI)
Weitere Informationen: Toolkit und Webinar
- Mentorship Toolkit: Praktischer Leitfaden zum Aufbau eines eigenen Mentoring-Programms für Open Source-KI-Unternehmer*innen (inkl. Links zu allen Schulungsmaterialien). Das Team von Villgro Africa hat die Mentoring-Methodik kontinuierlich verbessert und die Erfahrungen aus zwei Kohorten integriert.
- Webinar: Erfahrungen aus dem Mentoring-Programm und Einblicke, wie Open Source-KI die Geschäftswelt verändert und Innovationen in verschiedenen Branchen vorantreibt.