Mit KI gegen das Waldsterben in Senegal

© Julia Fink (GIZ)
Von den imposanten Baobab-Bäumen und den Feuchtgebieten im Norden bis hin zur üppigen, tropischen Vegetation im Süden beheimatet Senegal eine Vielzahl von Waldökosystemen. Doch ein besorgniserregender Trend stört dieses fragile Habitat: Die Wälder schwinden zunehmend, bedingt durch Waldbrände, illegale Holzernte und andere menschliche Aktivitäten.

Der Verlust an Waldflächen verringert die Menge an Kohlenstoff, der in Bäumen und Böden gespeichert wird – den sogenannten Kohlenstoffsenken – und setzt damit mehr CO₂ in die Atmosphäre frei, was zur globalen Erwärmung beiträgt. Seit Beginn der Messungen im Jahr 2007 ist der Kohlenstoffgehalt in Senegals Wäldern kontinuierlich gesunken, wobei die nationalen Behörden schätzen, dass jedes Jahr rund 40.000 Hektar Wald verloren gehen.

Die senegalesische Forstbehörde, Direction des Eaux et Forêts (DEFCCS), spielt eine zentrale Rolle beim Schutz des bedrohten Waldökosystems. Leutnant Mamadou Diop aus der Region Kolda und seine Kolleg*innen arbeiten eng mit lokalen Gemeinschaften im ganzen Land zusammen – zum Beispiel in Yassin Madina –, um verbrannte Gebiete wieder aufzuforsten, das Bewusstsein für den Waldschutz zu schärfen und kommunale Wälder nachhaltig zu bewirtschaften, etwa für die Brennholznutzung oder die Agroforstwirtschaft. Um gefährdete Gebiete, die durch Waldbrände bedroht sind, zu identifizieren, nutzt Leutnant Diop moderne Fernerkundungstechnologien, die ihm auf seinem Computer und Smartphone zur Verfügung stehen.

© Julia Fink (GIZ)

Was die Waldbewirtschaftung angeht, wären präzise und aktuelle Karten der nationalen Kohlenstoffsenken von großem Nutzen. Solche Karten würden es ermöglichen, gezielte Maßnahmen effektiver umzusetzen und jene Waldflächen zu priorisieren, die den dringendsten Schutz benötigen. Ihre Entwicklung hängt jedoch stark von umfassenden und zuverlässigen Felddaten ab. In Senegal wird ein Großteil dieser Daten – wie Baumhöhen, Stammdurchmesser und Baumarten – noch immer manuell von Rangern gesammelt, die oft mit Motorrädern tief in den Wald fahren, um Beobachtungen zu notieren und nach Brandspuren zu suchen. Diese mühevolle Arbeit ist entscheidend, um Biomasse und Kohlenstoffsenken zu schätzen, doch sie ist zeitaufwendig und ressourcenintensiv.

 

Die Lösung: KI-basierter High Carbon Stock-Ansatz

Zusammen mit data354 und dem Ministerium für Umwelt und ökologische Transformation (METE) arbeitet das Projekt Carbon Lense Senegal, das von GIZ umgesetzt und durch die BMZ-geförderten Initiativen Data Economy und FAIR Forward unterstützt wird, daran, den High Carbon Stock Approach (HCSA) – ursprünglich von FAIR Forward in Indonesien, Indien und der Elfenbeinküste erprobt – auf Senegal auszudehnen. Diese Methodik nutzt Künstliche Intelligenz (KI), um Kohlenstoffkarten zu erstellen, indem offene Satellitenbilder mit lokal erhobenen Waldinventardaten kombiniert werden.

Eine automatisierte Kohlenstoffkarte würde unsere Waldbewirtschaftungsarbeit erheblich vereinfachen. Derzeit fahren wir noch bis zu 300 Kilometer pro Woche mit dem Motorrad, um Daten zu sammeln.

Leutnant Mamadou Diop (Region Kolda)

Der KI-basierte High Carbon Stock Approach ermöglicht die Erstellung von Kohlenstoffkarten, indem er offene Satellitendaten mit lokal gesammelten Waldinventardaten kombiniert. Durch das Trainieren eines KI-Modells mit Biomassendaten westafrikanischer Baumarten könnte der Ansatz genau schätzen, wie viel Kohlenstoff in den senegalesischen Wäldern gespeichert ist. Derzeit gibt es jedoch nur sehr wenig wissenschaftliche Daten über den Kohlenstoffgehalt dieser Arten. Um dieses Defizit zu beheben, arbeitet das Projekt mit der Universität von Ziguinchor (Senegal) zusammen, um neues wissenschaftliches Wissen zu generieren. Diese Lösung wird eine fundiertere Grundlage für eine präzise Kohlenstoffmessung, nachhaltige Waldbewirtschaftung und evidenzbasierte Klimapolitik bieten.

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Bild 1/10: Die Feldarbeit begann im Boudié-Wald, nahe dem Dorf Yassine Mandina in der Region Sédhiou. Die DEFCCS (Leutnant Diop, Mitte) leistete wichtige technische Unterstützung, während die Universität von Ziguinchor (Professor Ngor Ndour, rechts) wissenschaftliche Expertise beisteuerte. © Julia Fink (GIZ)
Bild 2/10: Eine Variante des Protokolls wurde im Diassine-Wald, nahe dem Dorf Djibabouya, getestet. Das Team bereitete sich auf die Feldarbeit vor, bevor es in den Wald ging. © Julia Fink (GIZ)
Bild 3/10: Das Team testete das DEFCCS-Protokoll an einer Probefläche, die aus fünf kreisförmigen Parzellen mit einem Radius von 16 m bestand. Im ersten Schritt wurde eine Parzelle definiert, indem der Radius von 16 m gemessen wurde. © Julia Fink
Bild 4/10: Für jeden Baum innerhalb einer Parzelle wurden die Art, der Durchmesser auf Brusthöhe (DBH) und die Höhe erfasst. © Julia Fink (GIZ)
Bild 5/10: Professor Ngor Ndour von der Universität Ziguinchor unterstützte das Team bei der Bestimmung der lokalen Baumarten und testete die allometrische Zuordnung zur Schätzung der oberirdischen Kohlenstoffvorräte. © Julia Fink (GIZ)
Bild 6/10: Studierende der Universität Ziguinchor sorgten dafür, dass die Biomassendaten korrekt erfasst wurden. © Julia Fink (GIZ)
Bild 7/10: In den Wäldern der Mittel-Casamance stoßen die Ranger häufig auf Spuren illegaler Abholzung und Brandnarben. © Julia Fink (GIZ)
Bild 8/10: Abholzung und Waldbrände verringern die Anzahl der Bäume und somit die oberirdische Kohlenstoffsenke eines Waldes. © Julia Fink (GIZ)
Bild 9/10: The Debriefing at la Direction des Eaux et Forêts (DEFCCS) in Dakar with Commander Kora was occasion to formalize the collaboration through a joint agreement between DEFCCS, GIZ, and data354 (from left to right: Julia Fink (GIZ), Abdou Kader Toure (GIZ Senegal), Commander Mamadou Kora (DEFCCC), Gabriel Fonlladosa (data354). © Julia Fink (GIZ)
Bild 10/10: Die Nachbesprechung in der Direction des Eaux et Forêts (DEFCCS) in Dakar mit Kommandant Kora bot Gelegenheit, die Zusammenarbeit durch eine gemeinsame Vereinbarung zwischen DEFCCS, GIZ und data354 zu formalisieren (von links nach rechts: Julia Fink (GIZ), Abdou Kader Toure (GIZ Senegal), Kommandant Mamadou Kora (DEFCCC), Gabriel Fonlladosa (data354). © Julia Fink (GIZ)

Auch lokale Gemeinschaften, deren Leben eng mit den Wäldern verbunden ist, sehen Handlungsbedarf. Daher werden lokale Ranger des DEFCCS direkt in diesen Prozess eingebunden, um ihr Wissen über die lokalen Ökosysteme beizusteuern und die Datensammlung zu unterstützen.

Im Rahmen einer ersten gemeinsamen Feldmission wurde das von DEFCCS verwendete Waldinventarprotokoll unter realen Bedingungen getestet. Die Mission fand in der Mittel-Casamance (Region Sédhiou, Senegal) statt. Das waldreiche Gebiet bot ideale Voraussetzungen, um das Protokoll zu kalibrieren. Der nächste Schritt besteht darin, den Ansatz auf andere ökologische Zonen im Senegal auszudehnen und schließlich eine nationale Biomassekarte zu erstellen.

Die Wälder verändern sich, aber wir benötigen sie für die Agroforstwirtschaft. Waldbrände stellen eine zusätzliche Herausforderung dar.

Babacar Mané (Gemeindevorsteher von Yassin Madina)

Die Möglichkeiten, die durch diese Initiative geschaffen werden, lehren uns eine wichtige Lektion: Digitale Technologien, einschließlich KI, können nützliche Werkzeuge sein, um Biodiversitätskonservierung und Klimaziele miteinander zu verbinden. In Kombination mit lokalem Wissen können technologiegestützte Lösungen repliziert und an unterschiedliche regionale Bedürfnisse angepasst werden, wie kürzlich beim „AI for Climate Action Forum 2025” der UNFCCC TEC in Tansania vorgestellt. Es ist entscheidend, Partner aus verschiedenen Sektoren – Digitales, Forstwirtschaft und Klima – zusammenzubringen, um sicherzustellen, dass Lösungen aus unterschiedlichen Perspektiven entwickelt werden und spezifische Bedürfnisse berücksichtigt werden. Darüber hinaus werden die Ergebnisse des High Carbon Stock Approach direkt in die Berichterstattung Senegals zu den national festgelegten Beiträgen (NDCs) im Rahmen des Pariser Abkommens einfließen und den Impuls für die Transformation, den dieses Projekt angestoßen hat, weiter verstärken.